UPDATE 11.06.20:
** Das Appellationsgericht hat die Beschwerde gegen die DNA-Abnahme und die erkennungsdienstlichen Massnahmen teilweise gut geheissen. Die DNA-Daten von allen Menschen ohne Vorstrafen müssen gelöscht werden. Die DNA-Daten von Menschen mit Vorstrafen sowie die Fingerabdrücke von allen Betroffenen jedoch nicht. Ein Rechtsanwalt hat bereits eine Beschwerde gegen diesen Entscheid eingereicht, die Fälle ziehen weiter vors Bundesgericht. **
Neben all den (sehr wichtigen) Überlegungen, was die Covid-19 Pandemie für uns politisch bedeutet, hier ein Exkurs zu einem ganz anderen, ebenso wichtigen Thema, wie wir finden:
Dieser Text soll einen groben Überblick darüber geben, was in Bezug auf Repressionen seit den Klima-Aktionstagen „Fossil Banks – too big to stay“ im Juli 2019 in Basel und Zürich (Schweiz) passiert ist.
Seit der Aktion im vergangenen Sommer, nach der es bereits unmittelbar zu Repressalien wie über 48h Gewahrsam, Untersuchungshaft, Einreiseverboten, Abnahme von DNA-Proben u.v.m kam, wurde in Deutschland wenig über die weiteren Entwicklungen berichtet. Wir sehen die Beschäftigung mit staatlicher Repression aber als elementaren Bestandteil von politischem Aktivismus, um handlungsfähig und nachhaltig aktiv zu bleiben. Repression wirkt, wenn sie ohnmächtig macht und zum Schweigen bringt – wir möchten sie hier thematisieren und skandalisieren. Dabei ist es auch wichtig, über konstruierte Nationalgrenzen hinwegzudenken und in unseren Köpfen keine Grenze der Solidarität zu ziehen. Außerdem werden die kommenden Gerichtsverfahren gerade für die Klimagerechtigkeitsbewegung politische Relevanz haben.
Der Text ist aus Sicht deutscher Aktivist*innen geschrieben und hat einen Fokus auf die Ereignisse in Basel. Ganz unten findet ihr Links zu weiteren Artikeln zum Thema sowie die Möglichkeit, für die laufenden Rechtskosten zu spenden!
Aktion + Repression direkt
Fast ein Jahr ist es mittlerweile her, dass am 8. Juli die UBS Bank in Basel und die Credit Suisse in Zürich von ca. 200 Aktivist*innen blockiert wurden. Unter dem Motto „Fossil Banks – too big to stay“ sollte die Aktion im Rahmen der Aktionstage des Collective Climate Justice Basel aufzeigen, was für einen großen Anteil der Schweizer Bankensektor an der Investition in klimaschädliche fossile Technologien und Industrien hat. Mit der Blockade sollte darauf aufmerksam gemacht und das business-as-usual der Banken verhindert werden. Über 7 Stunden lang wurden in Basel mehrere Eingänge der Banken blockiert und Mitarbeitende nur heraus- aber nicht hereingelassen. Nach einigen Stunden stellte die UBS Strafanträge und ließ die Aktivist*innen gewaltsam räumen. Besonders Aktivist*innen, die sich vor dem Gebäude angekettet hatten, wurden mithilfe von Schmerzgriffen, psychischem Druck und unter Ausschluss der Öffentlichkeit – auch Presse wurde auf große Distanz gehalten – geräumt und festgenommen. 37 Menschen in Basel und 64 in Zürich kamen in Gewahrsam und verbrachten unter belastenden und teils rechtswidrigen Bedingungen bis zu 48 Stunden im Knast. Dort wurden eine Erkennungsdienstliche (ED) Behandlung durchgeführt und DNA entnommen. Außerdem bekamen die Aktivist*innen direkt einen Strafbefehl ausgehändigt, zum Teil mit Freiheitsstrafen von bis zu 120 Tagen und hohen Bearbeitungsgebühren von fast 1.000 Franken. Eine Person in Zürich wurde von einem Zwangsmaßnahmengericht in Untersuchungshaft gesteckt, da die Person sich hartnäckig weigerte, die Personalien anzugeben. Allen Personen ohne Schweizer Pass wurden über das Ausländerrecht eine sofortige Ausweisung aus dem Land angeordnet – plus 1-3 Jahre Einreiseverbot. Da diese Strafe sofort vollzogen wurde, konnten Rechtsmittel nur im Nachhinein eingelegt werden, außerdem wurden eine Vernetzung und Möglichkeiten der Solidarität eingeschränkt. Die Botschaft ist klar: Wer in die Schweiz einreist, hat sich gefälligst konform zu verhalten.